Ob es an meiner gigantischen Müdigkeit lag oder daran, dass ich mich endlich ans Bett gewöhnt hatte, ich weiß es nicht. Auf jeden Fall schlief ich die letzte Nacht wie ein Murmeltier. Als der Wecker schellte, hätten wir auch gut noch ein paar Stündchen liegen bleiben können.
Duschen, frühstücken und los! Da es auf dem Platz nichts zum Ver- und Entsorgen gab, starteten wir bereits um 8:50 Uhr. Die Musik war voll aufgedreht, ein Becher Tee ohne Kaffeegeschmack in der Hand und die schöne Landschaft zog an unseren Fenstern vorbei. Hach, so ein Roadtrip war doch was Feines!
In Örebro vertraten wir uns etwas die Beine und schlenderten durch die menschenleere Fußgängerzone. Es war Freitag, der Mittsommerabend und das ist in Schweden zwar kein gesetzlicher Feiertag, aber wirklich arbeiten möchte da auch niemand. Bis auf einen Kiosk und einen einsamen Stand mit Erdbeeren hatte nichts auf. Den gelangweilt guckenden Verkäufer dahinter erlösten wir und kauften eine Schale der roten Früchtchen.
Vor dem Hotel „Elite Stora“ zapfte ich das offene WLAN-Netz an und schickte einige Bilder an die Lieben daheim. Eine Runde drehten wir noch um das mächtige Wasserschloss und gingen anschließend zurück zum Womo.
Weiter auf der Straße Richtung Norden flogen wir an dem Schild „Kopparberg“ vorbei. Kopparberg? Das war doch mein Lieblingscider! Oh, da wollte ich unbedingt hin. Auf dem Weg zur Brauerei kamen wir an der hübschen Ljusnarsbergs Kirche vorbei. So statteten wir der roten Holzkirche spontan einen Besuch ab.
Als wir die Tür öffneten, stieg mir sofort ein bekannter Geruch in die Nase. Es roch dort wie im Zimmer meiner lieben Uroma. Nach altem Holz, ein bisschen muffig, aber nicht unangenehm. Im Gegenteil, es breitete sich in mir ein vertrautes Gefühl aus. Ich liebte diese Kirche sofort!
An der Brauerei gab es dann leider kein Visitorcenter oder ähnliches. Schade...! Na ja, wenigstens ein Foto musste her.
Genauso wie vom „wegen Mittsommer geschlossenen“ IKEA. Schade, wir wollten so gerne Köttbullar in diesem schwedischen Möbelhaus essen. Na gut… ICH wollte die gerne essen. Auch wenn die wahrscheinlich genauso schmecken wie die in unserem IKEA. Aber wir fuhren auf unserem Trip bestimmt noch einem vorbei. Tom freute sich schon und rollte begeistert mit den Augen…
Um 15:30 Uhr erreichten wir dann den Campingplatz in Leksand. Wegen Mittsommer hatte ich den ja bereits von Deutschland aus reserviert. Unser Stellplatz befand sich oben auf dem Gelände, direkt neben der Ausfahrt. Idyllisch war ja was anderes, aber wir konnten endlich die Tanks leer und wieder voll machen. Nach einem kurzen Gang zum See runter machten wir eine Dose Nudeln warm.
Satt waren wir fit fürs Fahrradfahren. Auf dem Drahtesel ging es die etwa 5 Kilometer bis nach Leksand rein. Nach zwei Metern tat mir schon mein Hintern weh. Bestimmt 5 Jahre bin ich kein Rad mehr gefahren! Aber Augen zu und durch! Tom war im Training und schickte mich vor damit er mir nicht davonfuhr. Nach ein paar Minuten hatten wir das Örtchen erreicht und ketteten unsere Räder sicher an. Zu Fuß spazierten wir auf die Brücke über den Fluss und suchten uns zwischen den vielen anderen Besuchern ein nettes Plätzchen. Die Dorfjugend veranstaltete mit ihren alten, zum Teil schönen, aber leider auch zum Teil gammeligen Oldtimern ein Showfahren. Fenster runter, Musik auf volle Lautstärke, Kippe auf dem Zahn und Flasche am Hals. Aber auch einige sonnenbankgebräunte Männer mit Goldkettchen hatten ihre Sonntagscabrios herausgeputzt und tuckerten über den Asphalt. Zum Totlachen! *ggg*
Um 19:00 Uhr kamen dann vom See her die historischen Boote langsam daher gerudert. Die Männer, Frauen und Kinder darin trugen Trachten, spielten Instrumente und hatten die Kränze für den Mittsommerbaum mit an Bord.
Nach dem Anlegen ging die Bootsbesatzung in einer Prozession durch den Ort, gefolgt von unzähligen Schaulustigen. Im Sammilsdal, einer Art natürlichem Amphitheater, hatte sich bereits eine große Menschenmenge versammelt, die geduldig auf deren Ankunft wartete. Von Musik begleitet zogen die Männer und Frauen ein und schmückten den noch am Boden liegenden Mittsommerbaum.
Anschließend wurden einige Reden gehalten und die Gäste und Zuschauer begrüßt. Es gab sogar eine kurze Ansprache in verschiedenen Sprachen. Dann folgten traditionelle Tänze und man begann damit den Baum langsam aufzustellen.
Das ganze Baum-aufstell-Spektakel dauerte über eine halbe Stunde. Und immer wenn wir dachten, jetzt schaffen sie es und er steht, hievten sie ihn wieder nur um wenige Zentimeter in die Höhe. Tom musste das Ganze filmen und unternahm 11 Versuche ehe das riesige Ding stand!
Nun durfte fröhlich drum herum getanzt werden. Ähnlich wie beim schottischen Ceilidh machte einer die Bewegungen vor und die Meute tanzte es nach. Was für ein Spaß! Auch wir reihten uns ein und feierten Mittsommer!
Leider fing es dann leicht an zu regnen und die Veranstaltung war zu Ende. Ob es jetzt am Wetter lag oder ob dort immer schon um 21:30 Uhr Schluss ist? Wir wissen es nicht.
Durch den Regen radelten wir zurück zum Campingplatz. Das war kein Spaß, kann ich euch sagen! So eine Schei….! Die Regenjacken hielten super, aber unsere Hosen waren klitschnass! Im Womo drehte Tom sofort die Heizung auf und ich füllte die Wärmflaschen.
Trotz des Regens war es ein netter Abend. Ich dachte nur, dass viel länger gefeiert werden würde. Aber wahrscheinlich fanden die meisten Feiern dann später im privaten Kreis statt?! Keine Ahnung! Und irgendwie hatten wir uns das nicht so groß vorgestellt… Was für Menschenmassen dort waren, unglaublich. In meiner Vorstellung war das ein kleines gemütliches Fest mit Familienanschluss. Na ja, morgen wollten wir noch zwei Feste besuchen.
Wir verschwanden, wieder etwas aufgewärmt gegen 23:30 Uhr im Bett.
Kilometer: 306 Wetter: 18°C / bedeckt und abends Regen Übernachtungsplatz: Västanviksbadets Camping (40 € mit Strom, Wasser & Dusche)