16.06.

PIEP! PIEP! Der Wecker zeigte 7:00 Uhr und es war an der Zeit aufzustehen. Vor zwei Stunden war ich schon mal
wach gewesen und seitdem musste ich zur Toilette. Hatte aber überhaupt keine Lust aufzustehen. Das ist das
Einzige, was uns richtig störte, dass wir keine eigene Toilette dabei hatten.

Als wir dann in die frische Morgenluft traten, merkten wir erst mal, was für ein Lüftchen in der Hütte umher wabberte.
Die Sonne hatte die ganze Nacht aufs schwarze Dach geschienen und die Fenster ließen sich leider nicht öffnen.
Draußen war es hingegen herrlich!! Guten Morgen Finnland!!

Der Reihe nach duschten wir, übrigens kostenlos und frühstückten dann in der Sonne vor unserer Hütte. Die
Schwalben flogen zwitschernd umher, während ich meine gestern für 1,80 € gekaufte Schlangengurke aufs Brot
legte. Beim Surfen im Netz schaute ich natürlich auch kurz in das Gästebuch unserer Seite. Freudig fanden wir einen
neuen Eintrag und zwar aus Canada!! Wie toll!!

Gegen 9:00 Uhr packten wir alles zusammen und machten uns langsam auf den Weg. Ganze 4 Kilometer weit rollten
wir über finnische Straßen. Dann kamen wir am Santa Claus Village an. Hier ist das ganze Jahr Weihnachten. Es gibt
einen großen Souvenirshop mit allerhand Weihnachtsdeko, dicken Winterpullis, finnischen Stehrumchen, warmen
Socken, Süßkram und auch echt hässlichem Kitsch.

 

 


Endlich am Polarkreis


Santa Claus Village


Hilfe, es weihnachtet sehr!


Santa Claus Post Office


Aber im Santa Claus Village gibt es auch zwei richtig tolle Dinge, auf die wir uns ganz besonders freuten. Zum einen
natürlich den waschechten Weihnachtsmann, dessen Haus, und jetzt kommen wir zum zweiten Highlight, genau auf
dem Polarkreis steht. Ein dicker weißer Strich auf dem Boden zeigt genau die Stelle an, wo der Breitenkreis verläuft –
66° 32′ 35′′. Nördlich von dieser Linie geht die Sonne an mindestens einem Tag im Sommer nicht unter. Im Winter
geht sie dafür an mindestens einem Tag gar nicht auf.
Durch die Nutation der Erdachse ändert sich auch die Position des Polarkreises jedes Jahr ein bisschen. Im Jahr 2011
lag die bei 66° 33′ 44′′. Aber das interessiert dort niemanden und uns auch nicht.


Der Polarkreis




Am Polarkreis im Santa Claus Village


Um zum Weihnachtsmann zu gelangen, mussten wir erst durch eine Art Grotte gehen. Dabei fühlten wir uns ein
bisschen wie kleine Kinder an Heiligabend. Dann wurden wir vom Weihnachtswichtel ins Kaminzimmer geführt, in dem
ER uns höchstpersönlich mit einem Lächeln empfing. Schon ein wenig aufgeregt setzten wir uns neben ihn, Tom zu
seiner Rechten und ich hockte mich auf die linke Seite. Auf Deutsch plauderten wir ein bisschen und nebenbei wurden
zwei Fotos von uns dreien geschossen. Nach ein paar Minuten war der tolle Zauber schon wieder vorbei und er
verabschiedete sich mit den Worten „Wir sehen uns dieses Jahr ja noch!“ von uns. Was für ein schönes Erlebnis.



Anschließend konnten wir überlegen, welches Erinnerungsstück wir kaufen wollten. Es gab 5 Postkarten mit einem
der Fotos drauf für 30,- €, ein großes Bild für 25,- € oder einen USB-Stick mit beiden Fotos, kleinem Film vom Besuch
(es wurde sogar gefilmt, hatten wir gar nicht mitbekommen!) und zwei Filmchen über den Polarkreis und das Santa
Claus Village für 49,- €. Unsere Wahl fiel auf das große einzelne Bild.

Im Souvenirshop kauften wir ein paar Weihnachtskarten und die dazu passenden Briefmarken und schrieben sie auch
direkt vor Ort. Der besondere Clou: dort gibt es nämlich zwei Briefkästen. Einen für die normale Post, die sofort
zugestellt wird und einen roten Briefkasten, in den die Weihnachtspost kommt. Die wird dann erst im Dezember
verschickt. Weihnachtsgrüße im Juni zu verschicken hat doch auch was. Uns selbst schrieben wir übrigens auch eine
Karte und sind mal gespannt, wann die ankommen wird.


Beim Weihnachtskarten-schreibenDer Briefkasten für die Weihnachtspost


Draußen machten wir es uns auf einer Bank in der Sonne bequem, hörten der dezenten Weihnachtsmusik zu, die aus
den Lautsprechern drang und riefen daheim an. Mein Papa hatte heute Geburtstag. Happy Birthday!
Langsam wurde es voller, drei Reisebusse gleichzeitig kippten ihre Insassen auf dem Parkplatz aus. Im Alter, wenn
man es sich vielleicht nicht mehr zutraut alleine zu reisen, macht so eine gemeinsame, geführte Tour bestimmt viel
Spaß, aber jetzt waren wir froh alleine unterwegs zu sein.

Nach gut zwei Stunden Aufenthalt im „Winter-Weihnachts-Wunderland“ fuhren wir weiter. Das Straßenbild veränderte
sich zu gestern kaum. Wälder links und rechts der Straße, nur unterbrochen durch Seen.



See in Finnland


Der Mount Everest wartete ja noch auf uns und so schalteten wir das Hörbuch wieder ein. Als Jon sich gerade kurz
vorm Südsattel des Berges befand, änderte sich vor unseren Autoscheiben die Landschaft leicht, es wurde etwas
hügeliger. Allerdings nur für wenige Kilometer, dann sah alles wieder aus wie vorher.

Aus dem Nichts heraus tauchte zwischen den Bäumen dann plötzlich eine Tankstelle auf. Gut, wir nutzten die
Gelegenheit und machten den Tank wieder voll. Oder zumindest versuchten wir es. Der blöde Automaatii nahm aber
unsere Karten nicht an… Mist! Dann befreiten wir wenigstens die Windschutzscheibe vom Insektenfriedhof und
machten auch noch schnell ein Bild vom Rentier, das eingezäunt neben der Straße stand.


Ein Rentier


In Sodankylä fanden wir eine Tankstelle ohne Automat und das Tanken war kein Problem. So langsam merkten wir
auch am Spritpreis, dass wir immer nördlicher kamen. Hatten wir gestern noch für 1,60 € getankt, kostete das
Benzin nun schon 1,72 €. Übrigens befindet sich in Sodankylä  das „Kälteloch“ Lapplands, im Winter wird es nirgendwo
so kalt wie dort. Ein paar Straßen weiter stoppten wir an einem Supermarkt, schnöselten ein wenig umher und
kauften Hühnchenbeine fürs Mittagessen, Wasser und Küchenrollen.

Mittag wollten wir ein paar Kilometer hinter dem Ort machen. Wir suchten uns einen schönen Platz an einem See und
da waren sie dann – Milliarden Mücken! War ja eigentlich auch klar… Nee, dort konnten wir nicht bleiben und fuhren
weiter. Schließlich fanden wir noch ein Plätzchen in einem Wald. Dort waren zwar auch Mücken, aber nicht ganz so
viele. Wie halten die Bewohner das hier nur aus??


Wäre doch ein schöner Platz gewesen, oder?


Weiter ging es Richtung Norden. Noch 169 Kilometer bis Inari, unserem Tagesziel. Gestern hatte Tom mit den Elchen
ja Glück gehabt und heute sahen wir beide, zwar keine Elche, aber Rentiere. Und das nicht nur einmal.


Das erste "wilde" Rentier



Rentiere!


90 Kilometer vor Inari veränderte sich die Landschaft. Die saftiggrünen Bäume verschwanden und wir nennen sie mal
„Krüppelkiefern“ tauchten rechts und links der Straße auf. Auch wurde es leicht bergiger.



Dann entdeckte ich plötzlich durch die Bäume ein bekanntes Bild. Die Glasiglus hatte ich mal in einer Zeitschrift
gesehen. Das wollte ich näher betrachten und wir stoppten kurz. In den Glasunterkünften gibt es zwei Betten und so,
wie ich erkennen konnte, auch eine Toilette. Im Winter kann man dann nachts vom Bett aus die Sterne oder das
Nordlicht beobachten. Total abgefahren!


Glasiglus


Dort würde ich auch gerne mal schlafen


Um 17:20 Uhr kamen wir dann an unserem Tagesziel an, Inari. Wir steuerten dort das Sami-Museum an, welches die
Kultur und Geschichte der Samen, sowie die Natur Nordlapplands zeigt. Die Sami sind ein indigenes Volk im Norden
Skandinaviens.
Erst besichtigten wir die Ausstellung im Innern, die wirklich sehr interessant aufgebaut und lohnenswert ist.


Im Sami-Museum in Inari



Anschließend gingen wir ins Freilichtmuseum. Dort sind verschiedene historische Wohn- und Nutzhäuser (wie Sauna
und Lager) aufgebaut. Es gibt auch ein altes Gerichtshäuschen, an dessen Wänden Zeichen und Buchstaben eingeritzt
sind. Sie stammen von Richtern und Leuten, die dort auf ihr Urteil warteten. Wie ein altertümliches Gästebuch.

Das Gelände ist weitläufig und wir entdeckten auch noch alte Fallen und ein Goldgräberhäuschen. Das Museum hat
uns richtig gut gefallen!


Sami-Museum Inari


Inschriften im Gerichtshäuschen



Rentierhütte



Mittlerweile war es kurz nach 19:00 Uhr und Zeit sich einen Campingplatz für die Nacht zu suchen. Dafür fuhren wir
ein kurzes Stück zurück, auf der Hinfahrt zum Museum hatten wir nämlich einen Platz gesehen. Da das Wetter so
schön war, beschlossen wir das Zelt aufzubauen. In der Rezeption buchten wir einen Platz dafür. Als wir dann dort
ankamen, zogen wir lange Gesichter. Das schmale Stückchen Wiese lag direkt neben einem alten LKW, verrostetem
Schrott und einigen dreckigen Schneemobilen. Und die Zufahrt war durch einen großen egoistischen Camper blockiert,
der den ganzen Platz für sich beanspruchte.

Wir hätten also unser Zeug ein ganzes Stück durch die Gegend tragen müssen. Och nee, da hatten wir überhaupt
keine Lust zu. Und auch noch die „Müllkippe“ nebenan…
Wir gingen zurück zur Rezeption und buchten eine kleine Hütte für 38,- € (15,- € hätte der Zeltplatz gekostet). Jetzt
stand es schon 0:2 für die Hütten!

Im Gegensatz zu gestern war die Unterkunft aber echt schlecht. Das Holz an den Wänden war teilweise schimmelig,
kaputte Kleiderbügel hingen an der rostigen Garderobe und die Matratzen waren bessere Decken. Es gab keine
Handtücher und kein Bettzeug (nur gegen Gebühr). In den öffentlichen Toiletten gab es keine Seife und keine
Einmalhandtücher, die Duschen ließen sich nicht abschließen und waren teilweise voll mit Schimmel. Nee, der ganze
Platz war in einem ungepflegten Zustand. Mit dem Wohnmobil ist es hier für eine Nacht sicherlich ok, aber unsere
Hütte… Da hätten wir im Zelt bestimmt besser geschlafen. Ach und das Internet kostete 3 Euro und funktionierte nur
in der unmittelbaren Nähe der Rezeption.

Aber Jammern half nix, wir mussten das Beste daraus machen. Zu erst einmal gab es Abendessen. Mit vollem Magen
und einer Dose Bier marschierten wir dann später zum Seeufer runter. Ein kalter Wind blies die Mücken weg und so
konnten wir uns in Ruhe hinhocken und die Sonne genießen.



Einfach herrlich!



Nach etwa einer Stunde wurde es dann aber doch zu kalt und wir gingen zur Hütte zurück. Tom holte sich dann aus
Angst um seinen Rücken eine unserer Luftmatratzen aus dem Auto, blies sie auf und legte sie auf den Boden der
Hütte. Ich nahm dann seine „Hüttenunterlage“ und legte sie auf meine. Viel besser war es zwar nicht, aber es wird
schon gehen… Na dann gute Nacht!!!

Nix gute Nacht. Wir lagen zwar im Bett, waren aber irgendwie gar nicht müde. Beim Blick auf die Uhr beschlossen wir
die ¾ Stunde bis 0:00 Uhr auch noch zu warten und dann die Mitternachtssonne zu fotografieren. So machten wir
uns kurz vor 12 auf und gingen zum Seeufer. Hier warteten schon Horden von Mücken, die sofort über uns herfielen.
Da half nur Kapuze auf und immer schön langsam auf und ab gehen.

Um genau 0:00 Uhr konnte ich dann mein Mitternachtssonnenfoto schießen. Schöööön!!!! Unfassbar, dass es noch
so hell und doch schon so spät war!


Mitternachtssonne


Mitternachtssonne in Finnland


Mitternachtssonne in Finnland


Erst gegen 1:20 Uhr verdunkelten wir unsere Hütte so gut es ging und schliefen ein…
 

 

 

 

 

 

 

 

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