„Was macht ihr eigentlich Silvester?“, wollte meine Freundin Inka von uns wissen. Gute Frage, so wirklich hatten wir uns da noch keine Gedanken zu gemacht. Da der 01.01. auf einen Freitag fiel, würde es sich ja anbieten ein paar Tage wegzufahren.
Erst überlegten wir irgendwo ein Häuschen zu mieten, aber dann beschlossen Jochen und Inka ihre beiden Kinder bei den Großeltern einzuquartieren und somit ergaben sich für uns völlig neue Möglichkeiten. Schnell kam das Wort „Städtetour“ auf und gemeinsam überlegten wir, welche City es denn sein könnte. Da wir weder fliegen, noch einige Stunden im Auto verbringen wollten, hatten wir nicht mehr viel zur Auswahl.
Nach einigen Telefonaten stand dann endlich unser Ziel fest: Brüssel, Belgiens Hauptstadt!

Wir reservierten ein Zimmer im Best Western Hotel und für den Silvesterabend bestellte ich im Internet Karten für das Variete Kdo! Alles klappte wunderbar, nur irgendwie hatten wir Schwierigkeiten mit der Tischreservierung für den 31. Dezember. Das Restaurant Brüssel Grill meldete sich auf keine unserer drei E-Mails.
Auch zwei andere Lokalitäten hielten es nicht für nötig, sich auf unsere Anfragen zu melden. Erst das vierte Restaurant schickte uns eine positive Bestätigung. 
Somit war eigentlich alles Wichtige erledigt. Nicht ganz, zur letzten Urlaubsvorbereitung aßen wir eine große Packung belgische Pralinen.

30.12.

Schon den ganzen Freitag hatte es geregnet und auch als Jochen und Inka uns um 16:30 Uhr abholten, schüttete es wie aus Eimer. Nee, das hatte ich aber anderes bestellt! Zügig verstauten wir unseren Koffer und die beiden Taschen im Wagen und ich nahm hinter Tom auf dem Rücksitz Platz. Jochen startete das Navi und eine ziemlich resolute Damenstimme lotste uns Richtung Autobahn.

Kurz hinter der holländischen Grenze krabbelte Inka in den Kofferraum und zauberte eine Flasche Sekt und Gläser hervor. Außerdem reichte sie noch Mettwürstchen, mit Butter beschmierte Brote und Süßkram. Jochen, unser Fahrer, glitt fast geräuschlos über die Fahrbahn und nur die Uschi aus dem Navilautsprecher erinnerte uns mit ihrem „Halten Sie sich links!“ noch daran, dass wir ja eigentlich in einem Auto saßen.
Was so ein bisschen Alkohol doch ausmacht… Fröhlich kichernd tuckerten wir weiter nach Brüssel, wo wir gegen 19:20 Uhr ankamen. Uschi schickte uns einmal in die falsche Richtung und so lernten wir gleich mal das Rotlichtviertel der Stadt kennen.
Irgendwann kamen wir dann aber doch im Hotel an und bezogen rasch die Zimmer. Die hatten auch schon bessere Zeiten gesehen. Ein wenig Farbe und Putz würde dem Zimmer gut tun… Aber für die paar Nächte!
Hungrig, wie wir alle waren, marschierten wir wenige Minuten später wieder los. Es regnete immer noch, aber mit Schirm und Kapuze ging es. Wir spazierten am Rogier Gebäude entlang, welches wunderschön beleuchtet wird und dann durch die Rue Neuve.

 

 

















Im „Drug Opera“ kehrten wir ein und bestellten leckeres Essen und Trinken, letzteres zu nicht ganz günstigen Preisen. Eine 0,2 Cola kostete 3,10 Euro!! Aber geschmeckt hat es trotzdem. Bevor wir gingen, besuchte ich noch schnell die Toiletten. Die Dame dort wollte dann doch allen Ernstes für die Benutzung 30 Cent von mir haben, obwohl ich Gast des Restaurants war! So etwas hatte ich bisher noch nie erlebt, aber es sollte hier in Brüssel nicht bei dem einen Mal bleiben.























Satt machten wir uns auf den Weg zum großen Marktplatz. Dabei kamen wir durch die Rue des Bouchers, der „Bauch von Brüssel“. Hier tummelt sich ein Restaurant neben dem anderen. Draußen unter Heizstrahlern stehen wunderbar gedeckte Tische und appetitlich aussehende Auslagen mit fangfrischen Meerestieren sollen sie Gäste anlocken. Es fisselte nur noch vom Himmel und so konnte ich endlich mal ein paar Bilder machen.


Rue des Bouchers
































Auf dem Marktplatz waren viele Gebäude toll beleuchtet, andere wiederum nicht, was ihnen einen bedrohlichen Ausdruck verlieh. Auf der Mitte des Platzes stand ein „blauer“ Weihnachtsbaum und auf der linken Seite eine Krippe mit echten Schafen.
























Durch die Galeries St. Hubert gingen wir langsam zurück zum Hotel. Uns war allen kalt und der Nieselregen war auch nicht so angenehm.


Galeries St. Hubert


Gegen 23:30 Uhr mummelten wir uns in die Betten und schlummerten sofort ein.

31.12.

Bereits um 7:20 Uhr schellte der Wecker, schließlich hatten wir heute einiges vor. Eine knappe Stunde später trafen wir uns beim Frühstück. Die Auswahl war ausreichend und alle wurden anständig satt. Auch Jochen, der beim Essen oft etwas wählerisch ist.

Dick eingepackt mit Schal und Mütze machten wir uns auf den Weg zur Metro, die wir erst beim zweiten Anlauf fanden. Am Kartenautomaten studierten die Drei die Maschine, während ich Bilder von der Skulptur im Bahnhof machte. Interessant fanden wir die Anzeige am Bahnsteig. Da konnten wir genau sehen, wo sich die Bahnen jeweils befinden, bzw. wann diese eintreffen werden.

















Die fünf Haltestellen bis „Louise“ verbrachten wir stehend und dort angekommen, schlenderten wir an Tiffany vorbei zum Justizpalast.
Von der Größe schwer beeindruckt liefen wir umher, machten Bilder und schauten immer wieder zur fast hundert Meter hohen Kuppel hinauf. Ein sehr Ehrfurcht einflössendes Gebäude.





















































Draußen auf dem Place Poelaert zauberte Inka aus ihrer Tasche kleine alkoholische Leckereien. Ein Kümmerling und drei Feiglinge wurden gerecht aufgeteilt und bei einem Gruppenfoto vernichtet. Prost!


















Leider war es so diesig, dass wir von dort oben keinen schönen Blick über die Stadt hatten. So spazierten wir über die Ernest Allardstraat bergabwärts und stoppten erst am feinen Schokoladenladen von Pierre Marcolini.

Als wir das schlichte und elegante Geschäft betraten, fühlten wir uns wie bei einem Juwelier. Die Pralinen wurden dekorativ in Vitrinen präsentiert. Wir waren im Schokoladenhimmel! Natürlich kauften wir eine kleine schwarze Schachtel mit einer Auswahl der kleinen Köstlichkeiten. Nicht ohne Grund zählt Pierre Marcolini zu den besten Chocolatiers der Welt, denn die kleinen braunen Pralinen schmeckten höllisch gut. Sie schmolzen zart auf der Zunge und die verschieden Geschmacksrichtungen waren klasse. Thymian-Orange, Safran, Earl Grey und Zitrone sind nur einige davon.


Pierre Marcolini


Mmmmh, wie lecker!















Im Kaasmarkt fanden wir das wohl kleinste Haus Brüssels. Es ist gerade mal einige Zentimeter breiter als meine ausgestreckten Arme. 
























Gegenüber reihte sich ein griechischer Schnellimbiss neben den anderen. Wir gingen weiter durch die Stoofstraat, vorbei an herrlich lecker aussehenden Waffeln, zum wohl berühmtesten Einwohner der Stadt – Manneken Pis.



Eine kleine Menschentraube hatte sich dort angesammelt, aber trotzdem konnte jeder ein Bild von seinen Mitreisenden und dem kleinen Männleins machen, ohne lästige fremde Leute auf dem Foto zu haben. Denn geduldig warteten alle, ehe der Nächste sich vor dem Brunnen postierte. Das fand ich mal richtig nett.


Manneken Pis


In Brüssel findet bis zum 03. Januar ein „Weihnachts-Winter-Markt“ statt, den wir besuchen wollten. Zuerst mussten wir ihn allerdings finden, hatte unser Portier auf der Stadtkarte nur einen großen Kringel gezeichnet, der fast die halbe Stadt einkreiste. Unterwegs verteilte Inka Feigling und so fanden wir gutgelaunt irgendwo hinter dem Grand Place dann die ersten Buden. Sofort steuerten wir den Glühweinstand an. Uns war kalt und da musste schließlich was Warmes her. 


















Durch die Rue de la Bourse, vorbei an Geschäften und Buden, gelangten wir zur St. Catherine. Auf deren Vorplatz war ein seltsames, aber interessantes Kinderkarussell aufgebaut. Alle Sachen sahen aus wie überdimensionales altes Blechspielzeug. Da gab es ein Seepferdchen, ein Schiff, Fische, eine Dampfmaschine und viele andere skurrile Dinge, in denen die Kinder Platz nahmen.




Neben der Kirche erstreckte sich dann der eigentliche Markt mit seinen unzähligen, gleichaussehenden kleinen Holzbuden. Seltsam, Weihnachten ist längst vorbei und trotzdem schlenderten wir dort rum und überall duftet es nach Glühwein.


















In der Mitte des Platzes war eine große Eisbahn aufgebaut und direkt dahinter ein Riesenrad. „Oh, da würde ich gerne mitfahren“ sprudelte es aus meinem Mund. Jochen und Inka hatten nichts dagegen, nur Tom fand die Idee total bescheuert. Solchen Dingern konnte er gar nichts abgewinnen, er fühlte sich darin nicht wohl. Trotzdem tat er mir den Gefallen und zu viert bestiegen wir eine Gondel. Gemächlich ging es immer und immer höher und Toms Gesicht wurde immer und immer blasser. Auch die Schokolade, die Inka ihm gab, heiterte ihn nicht auf. Er wollte nur noch raus. Zu seinem Entsetzen drehten wir aber noch vier Runden und wir übrigen Drei konnten die Aussicht bewundern. Es war zwar sehr nebelig, aber trotzdem schön.




Wieder unten angekommen brauchte Tom erst einmal einen Jägermeister. Jochen trank, natürlich nur aus Solidarität, einen mit. Wir verließen den Platz und bogen dann nach links in die Rue Neuve ab, bummelten an den vielen Geschäften vorbei und tranken unterwegs noch einen Kaffee. Da es bis zum Abendessen noch über 5 Stunden dauern würde, holten wir uns bei MC Donalds ein paar Burger. Erschrocken stellten wir dort fest, dass es ja schon fast 15:30 Uhr war und wir noch zum Hotel mussten, umziehen. Um 16:30 Uhr wollten wir schon am Variete sein. Zügig machten wir uns auf den Weg, zogen uns um und trafen uns um 16:12 Uhr in der Lobby wieder. Von zuhause aus hatte ich einen Plan mit den Straßenbahnen, die uns zum Variete bringen sollten, ausgedruckt. Die Linie 32 schien die beste Wahl zu sein. Tom schlug ein Taxi als Alternative vor, was aus Kostengründen aber abgelehnt wurde.
Vorsichtshalber fragten wir aber auch noch unseren Portier Jordi nach der Verbindung, der in seinen Computer schaute und meinte, dass das so in Ordnung sein.
Wir folgten seiner Beschreibung zum Hauptbahnhof und suchten die Haltestelle der 32. Schnell fanden wir die richtige Rolltreppe nach unten und warteten am Gleis. 

Und warteten…

Und warteten…

Mittlerweile war es 16:30 Uhr und wir wurden ungeduldig. Ein Blick auf den Fahrplan verriet uns, dass die Straßenbahn erst ab 20:00 Uhr fuhr. Na super! Das hätte Jordi uns auch mal sagen können. Also fuhren wir die Rollentreppe wieder hoch und suchten uns draußen ein Taxi. Für 20 Euro brachte es uns zum National Forrest, dem Theater. Unterwegs wurde Inka immer unruhiger, was ist wenn wir zu spät kämen? Würden sie uns dann noch reinlassen? Ich hingegen hatte die Ruhe weg und nickte kurz ein. Ändern konnten wir jetzt eh nichts mehr.

Am Ziel angekommen, stellten wir fest, dass wir nicht die Einzigen mit Zeitnot waren. Aus allen Richtungen strömten noch Leute zum Eingang. Schnell zeigten wir unsere Tickets und eilten zu unseren Plätzen. Kaum hatten wir Platz genommen, ging auch schon das Licht aus. Na, das war mal knapp und mindestens genauso knapp war der Abstand zum Vordermann. Der Architekt hat wohl versucht möglichst viele Leute in der Halle unterzubringen und das ging nur auf Kosten der Bequemlichkeit. Wir rutschten unruhig auf unseren Plastiksitzen rum und der Reihe nach schliefen uns die Beine ein. Nur Inka hatte nicht so große Probleme.

Trotzdem war die Show fantastisch. Die vielfältige Mischung aus Tanz, Akrobatik und Zauberei war richtig faszinierend. Körper wurden verbogen und durch die Luft geworfen, ebenso wie Seile und Bälle. Ein Seilartist zeigte uns sein Können und zwei „Clowns“ brachten uns immer wieder zum Lachen.
Mit hunderten von Luftballons, die von der Decke fielen, endete die zauberhafte Show um 19:30 Uhr.

Da wir keine Lust hatten uns in die enge Straßenbahn zu quetschen und die Hinfahrt mit dem Taxi nicht so teuer war, beschlossen wir auch zurück wieder eins zu nehmen.
 
Am Grand Place ließ uns der Taxifahrer aussteigen und wir schlenderten zum Les Brasseurs, hier hatte Inka ja übers Internet einen Tisch reserviert. Der Laden machte einen guten Eindruck, wir wurden sofort zu einem freien Tisch im zweiten Stock geführt. Nach der Getränkebestellung durchforsteten wir die Speisekarte. Die war recht übersichtlich, aber dennoch fanden wir alle etwas. Als wir dann bestellen wollten, nahm der Kellner uns die Karte aus der Hand und sagte „Kitchen is closed!“. Was?? Wie jetzt?? Ohne uns zu antworten war er schon wieder verschwunden. Na super, wie gut das wir hier einen Tisch reserviert hatten! Mächtig gefrustet tranken wir unsere Gläser leer und verließen das „Lokal“. Was nun??

Wir beschlossen durch die Rue de Bouchers zu gehen, dort würden wir schon was finden. Sooo einfach war das dann aber nicht. Entweder die Restaurants waren voll oder es gab nur Fisch (den Jochen nicht mag) oder es wurden nur Silvestermenüs für teures Geld angeboten. In einer Lokalität hatten wir tatsächlich schon Platz genommen, aber beim Blick auf die Karte verging uns jeglicher Appetit. 59 Euro für das Menü oder a la carte, wo das billigste Essen 29 Euro kostet. Nee, da schnappten wir uns schnell die Jacken und suchten lieber weiter.
Vorbei an Dönerbuden, thailändischen Restaurant, einer Tapas Bar und einem Pub blieben wir vor dem „Chao Chow City“, einem Chinesen, stehen. Jetzt oder nie! Es war mittlerweile fast 22:00 Uhr und wir hatten alle Hunger. Durchgefroren nahmen wir Platz und bestellten. Tatsächlich bekamen wir nur wenig später warme Speisen auf den Tisch gestellt. Mmmh, war das lecker und die Preise waren auch in Ordnung! Nur zog es jedes Mal wenn die Tür aufging und Inka und ich wechselten uns mit dem Gänsehautkriegen ab.

Kurz nach 23:00 Uhr machten wir uns auf den Weg zum Grand Place, mit uns eine Menge anderer Leute. Vor dem Platz waren Absperrungen aufgestellt und die Polizei filzte auffällige Personen. Vor dem Rathaus angekommen, erkundigten wir uns nach dem besten Platz für das Feuerwerk und wurden Richtung Central Station geschickt. So liefen wir im Menschenstrom bergauf zum Mont Art. Auf dem Kunstberg wimmelte es vor Leuten, ein DJ legte coole Musik auf und tanzend warteten wir auf 0:00 Uhr.

10, 9, 8, 7, 6, 5 ,4 , 3, 2, 1 FROHES NEUES JAHR!!!!!!

Wir fielen uns in die Arme und zeitgleich startete das Feuerwerk. Ganze 20 Minuten lang wurde der Himmel erleuchtet. WOW! Was für ein Spektakel.



























































Gut gelaunt machten wir uns danach auf zum Hotel. Im Zimmer von Jochen und Inka nahmen wir noch einen Schlummertrunk und aßen Glückskekse. Lachend ließen wir den Tag Revue passieren. Schön war´s!

Um 2:30 Uhr hieß es „Gute Nacht!“.
 

 

 

 

 

 

 

 

 

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