20.06.

Was für eine tolle Nacht! Draußen pfiff der Wind um die Hütte, während wir uns in unsere warmen Betten kuschelten. Bis 9:00 Uhr schliefen wir wie die Murmeltiere.
Schön heiß wurde geduscht und dann frühstückten wir gemütlich in unserer Hütte. Aus dem Fenster konnten wir am Berghang eine Rentierherde beobachten, wie sie fressend umherzog. War das ein schöner Start in den Tag.

In der Gemeinschaftsküche warfen wir kurz den Rechner an und schauten auf die Webcam vom Nordkap. Alles war in Nebel gehüllt und so beschlossen wir erst einmal nach Honningsvåg zu fahren.
Als wir den Weg zum Hafen runter fuhren, waren wir echt überrascht. Es lagen vier Kreuzfahrtschiffe und ein Schiff der Hurtigruten vor Anker. Damit hatten wir nicht gerechnet. Scheint wohl ein beliebter Ort zu sein. ;-)

 

 



Hurtigruten




Bei nur 6°C schlenderten wir durch den Ort, begleitet von Unmengen an Kreuzfahrttouristen. Wir sind ja auch Touristen, aber bei solchen Massen ist das nicht mehr schön, sondern nur noch nervig. Die kleinen Lädchen waren rappelvoll und es wurde geschubst und gedrängelt wie beim Sommerschlussverkauf. Nee, nix wie weg.



Da fuhren wir lieber auf den nahen Hügel und schauten uns den Ort von oben an. Hier war es zwar sehr windig, aber wenigstens nicht so voll. Ein junges Pärchen bat Tom ein Foto von ihnen zu machen. Nach getaner Arbeit plauderten wir ein bisschen. Diego konnte sehr gut Deutsch und erzählte, dass sie aus Brasilien kommen würden und gerade auf Hochzeitsreise wären. Seine Frau Marina hatte in ihrem Leben noch nie Schnee gesehen und war ganz aus dem Häuschen. Die waren echt nett die Zwei und wenn es dort oben nicht so kalt gewesen wäre, hätten wir bestimmt noch länger geschwatzt.


Honningsvåg



Am Ortseingang hatten wir einen großen Supermarkt entdeckt, den wollten wir aufsuchen und ein paar Kleinigkeiten kaufen. Unter anderem auch Fiskekaker, eine Art Fischfrikadelle. Ich hatte davon im Internet gelesen und wollte sie einmal probieren. Außerdem sahen wir Schlangengurken für 16,90 Kronen (2,25 €) pro Stück. Aber es lag auch ein Messer mit in der Kiste, man konnte auch Halbe kaufen!!

Nach dem erfolgreichen Einkauf fuhren wir die Strecke zum Dörfchen Gjesvær raus. Laut meinem Reiseführer soll sie schöner sein als die Straße zum Nordkap. Das war aber erst am Ende der Fall. Vorher sah alles aus wie am Kap, erst dann wurde es bergiger und die Aussicht auf den Ort war echt nett.




Gjesvær


Auf dem Rückweg sahen wir mal wieder Rentiere. Die laufen hier rum, wie in Schottland die Schafe.


Mal wieder Rentiere!




So langsam bekamen wir beide Hunger und steuerten unsere Hütte an. Im Topf waren noch Reste von gestern und wir hatten ja auch noch die Fiskekaker. Die aßen wir mit Remoulade und fanden sie recht lecker. Schmeckten nicht stark nach Fisch, nur ein wenig am Ende.



Nach einem Kaffee machte Tom sich auf und ging angeln. Ich blieb lieber im warmen Gemeinschaftsraum sitzen und überspielte die Bilder und schrieb Reisebericht.
Gegen 20:00 Uhr kam er mit Bildern von Rentieren im Hafen und zwei gefangenen Seelachsen oder so was Ähnlichem wieder.



Der erste gefangene Fisch!


Gemeinsam genossen wir heißen Tee an der warmen Heizung und quatschten. Sollten wir bei dem Wetter wirklich noch einmal zum Nordkap raus fahren? Es nieselte und es war nebelig, eigentlich Tee-und-drinnen-bleib-Wetter. Aber es war doch der 20.06. und in der Nacht, also am 21.06. um genau 1:09 Uhr war Sommersonnenwende. Und auch wenn die Sonne nicht zu sehen war, wollte ich doch gerne zum Kap.

So machten wir uns um 23:10 Uhr auf. Je höher wir kamen, desto mehr Nebel umhüllte unser Auto. Tom hatte Angst, dass er die Kassenhäuschen umfahren würde und ich war mir sicher, dass es gleich wie durch Geisterhand aufklaren würde. „Mmmh, bestimmt Schatz!“, kam es grummelnd vom Fahrersitz. Nun gut, die Chancen standen nicht besonders gut, aber man soll die Hoffnung ja nicht aufgeben.


Gut, dass da ein Schild stand... Nordkap!


Die Einfahrt zum Parkplatz nur erahnend, tasteten wir uns langsam vorwärts. Als Tom den Motor endlich ausmachte, blickten wir ungläubig durch die nasse Windschutzscheibe. 17 (!!!) Busse sahen wir schemenhaft auf dem Parkplatz stehen. Unfassbar!!



Durch Wind, Regen und Nebel kämpften wir uns bis zur Besucherhalle, in der tumultartige Zustände herrschten. War das voll hier!

Wir warfen unsere geschriebenen Postkarten in den Briefkasten, der im Eingangsbereich stand. Ich bin gespannt, ob die Karten auch den Nordkapsonderstempel bekommen werden. (Nachtrag Juli 2012: Ja, sie haben ihn tatsächlichen bekommen! Seht selbst:)


Stempel Nordkap


Beim Einwerfen


Um kurz vor 0:00 Uhr legten wir die Schals um und machten die Jacken zu. Bereit für die Gipfelstürmung, stellten wir uns den Naturgewalten. Schleichend kamen wir voran, mit uns noch eine Handvoll Todesmutiger.
Aus der weißen Suppe tauchte die Kugel dann vor uns auf. Allerdings standen wir auch schon fast ganz davor.

Schnell war ein netter Herr gefunden, der ein Foto von uns machte. Der Wind peitschte so heftig, dass er mir meine Kapuze immer wieder vom Kopf wehte. 00:02 Uhr, die Mitternachtssonne müsst ihr euch jetzt denken. Sie ist da… irgendwo…


Wir Zwei am Nordkap, zur Mitternachtssonne, kurz vor der Sommersonnenwende!


Als wir gegen 0:15 Uhr wieder in die Besucherhalle reinstolperten, waren vielleicht noch 50 Personen da. Vermutlich waren auch die Busse draußen weg oder die Leute waren alle vom Plateau geweht worden. Tom und ich fühlten uns jedenfalls so, als wären wir gerade im Mount-Everest-Basislager ankommen und hätten es nett gefunden, wenn am Eingang gleich jemand mit heißen Getränken auf uns gewartet hätte. So mussten wir uns die selber besorgen und gaben 8,40 € für einen Tee und einen Kaffee aus.

Sollten wir jetzt noch fast eine Stunde hier rum sitzen? Nee, wofür? Das Wetter würde sich auch mit den positivsten Gedanken nicht mehr ändern. So traten wir den Heimweg an.

Um 1:09 Uhr lag ich dann im warmen und kuscheligen Bett, sagte zu Tom „Jetzt ist es soweit!“ und schrieb die letzten Zeilen vom heutigen Tagesbericht.
 

 

 

 

 

 

 

 

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