02.06.

Schon um kurz vor 6:00 Uhr wurde ich wach und konnte nicht mehr einschlafen. Ich schaltete den kleinen Rechner
an und schrieb ein bisschen Reisebericht. Das kann ich morgens eh besser. Da fällt mir meistens mehr ein.
Eine Stunde später schellte der Wecker und ich ging duschen. Halb eingeseift wurde der Duschstrahl plötzlich immer
weniger und dann war er ganz weg! Hey!! Was war dann das für ein Scheiß! Auch aus dem Hahn am Waschbecken
kam nichts! Tom ging zu unserem indischen Vermieter runter und schilderte das Problem, während ich mich nass
und voller Schaum unter der Bettdecke verkroch. Wie in einem schlechten Film…
Minuten vergingen und das Problem wurde nicht gefunden. Das ganze Haus hatte kein Wasser mehr. Mein Schatz
eilte dann zum Auto runter und holte alle Sprudelflaschen hoch, die dort noch lagen. So duschte ich mir den Schaum
mit Highland Spring vom Körper. Wie dekadent.
Eine halbe Stunde später schien die Lösung gefunden worden zu sein. Der Wassertank auf dem Dachboden war leer,
da hatte anscheinend jemand die ganze Nacht lang das Wasser laufen lassen…
Bis der Tank nun wieder voll war dauerte es natürlich eine Weile. In den Leitungen gluckerte es und irgendwann war
das Wasser dann wieder da. Endlich konnte Tom duschen und auch ich stellte mich noch mal kurz drunter.

Mit einer Stunde Verspätung betraten wir den Frühstücksraum. Unsere vier Mitreisenden waren natürlich schon fast
fertig. Sie hatten vor der Katastrophe geduscht und somit Glück gehabt. Schnell verdrückten wir zwei ein paar
Rühreier mit Toast und beobachteten wie draußen ein Klempnerauto vorfuhr. War wohl doch mehr kaputt?!

Kurz vor 10:00 Uhr waren wir dann alle abfahrbereit und los ging es. Die Sonne schien wieder und fröhlich fuhren wir
durch die Landschaft. Eine Stunde später kamen wir am Bodiam Castle an. Das wurde von Sir Edward Dalyngrigge
im späten 14. Jahrhundert erbaut und ist komplett von einem breiten Wassergraben umgeben.

Dort angekommen, bekamen wir schon am Parkplatzkassenhäuschen eine kleine Broschüre über die Ruine durchs
offene Fenster gereicht und das sogar auf Deutsch. Nachdem wir die Autos geparkt hatten, kamen einige Enten auf
uns zu und bettelten um Brot. Inka hatte noch ein paar trockene Kekse in der Tasche, die dankend angenommen
wurden.

 

 



Gemütlich schlenderten wir um die Ruine herum, genauso stellt man sich doch eine mittelalterliche Wasserburg vor,
oder?


Bodiam Castle




Auf der anderen Seite stand dann unter einem Baum im Schatten ein Anhänger einer Falknerei. Drumherum hockten
auf kleinen Holzplattformen verschiedene Eulen und Falken. Für ein paar Pfund (2 £ für die kleinen und 5 £ für die
großen Exemplare) konnte man sich eines der wunderschönen Tiere auf den Arm setzen lassen. Das wollte ich
natürlich sofort machen und zwar mit der größten Eule. Nico und Tony zögerten noch etwas und wollten mir erst
mal zuschauen.

Tiny, ein Uhu, kommt aus dem Schwarzwald und ist die größte Eulenart der Welt. Mit ihren großen orangegelben
Augen schaute sie mich finster an. Nachdem ich einen dicken Lederhandschuh angezogen hatte, nahm der Falkner
Tiny hoch. Sie breitete ihre großen Flügel aus und machte dabei ordentlich Wind. Schließlich beruhigte sie sich wieder
und ich nahm das 3 kg schwere Tier auf den Arm. Wow, was für ein tolles Gefühl.






Nachdem ich Tiny wieder an ihren Besitzer übergehen hatte, wollten Nico und Tony dann auch ein Federtier auf dem
Arm halten. Tony bekam eine Weißgesichtseule und Nico eine süße Schleiereule. Immer noch etwas skeptisch
schauten die Zwei ihre neuen Freunde an.




Nach ein paar Minuten gaben sie sichtlich stolz die beiden Eulen wieder ab. Bis zum Castleeingang waren es dann nur
noch wenige Meter. Überall auf den Wiesen um uns herum tummelten sich Enten. Total süß, sie hatten fast keine
Angst und watschelten um die im Gras liegenden Leute rum. Über eine Holzbrücke betraten wir dann die Ruine und
schauten uns überall um. Auf die Türme konnten wir hinauf steigen und so einen tollen Rundumblick über die
Landschaft genießen.







Zurück auf dem Parkplatz besuchten wir schnell alle die Toiletten und vernichteten danach eine Tafel Traubennuss-
Schoki. Die umherlaufenden Enten bekamen nichts ab, auch wenn sie noch so lieb guckten. Inka und ich schauten
kurz auf die Karte und beschlossen nach Hastings zu fahren. Dort sollte es einen Pier, nette Geschäfte und eine
Zahnradbahn geben.

Eine ¾ Stunde später fuhren wir in den Ort und es sah alles leer und trostlos aus. Als wir dann aber zum Meer runter
kamen, war die Hölle los. Wir hatten Mühe einen Parkplatz zu finden. Als die Autos dann doch endlich standen, sahen
wir am Berg auch schon die Zahnradbahn. Sie soll die steilste des Königreichs sein und befördert seit 1902 Personen
auf den East Hill hoch.



Für 2,50 £ pP kauften wir Tickets und betraten das historische Gefährt. Türen zu – auf ging die holperige Fahrt! Die
Aussicht wurde von Meter zu Meter schöner. Aber schon nach einer Minute kamen wir oben an.





Dort oben kann man sich bestimmt schwindelig laufen. Mächtig viel Gegend, so weit das Auge reicht. Mitten auf einer
großen Wiese stand ein kleiner roter Eiswagen und kaum hatten die Jungs ihn erblickt, rannten sie auch schon darauf
zu. Zufrieden leckten beide eine Minute später an der kalten Leckerei. Noch ein paar Bilder und wir fuhren mit der
Bahn den Berg wieder runter.


Blick auf Hastings



Gegenüber der Talstation stehen viele sogenannte „Net Huts“. Dort drin hingen die Fischer früher ihre Netze zum
Trocknen auf. Heute sind in den denkmalgeschützten hohen schwarzen Holzhütten kleine Fischgeschäfte und Deko-
Lädchen untergebracht.


Net Huts



Net Huts





Nach der aufregenden Bahnfahrt brauchte Tom eine Stärkung und kaufte ein sehr lecker aussehendes Fischbrötchen.
Wir schlenderten die Straße entlang, wo es noch mehr Fischbuden gab. Mein Schatz holte sich noch ein paar
Garnelen, die aber leider noch gefroren waren. So wurde der Verzehr auf später verschoben.





Auf der anderen Straßenseite gab es wieder, ähnlich wie in Brighton auf dem Pier, einen kleinen Vergnügungsplatz.
Mit Karussells, Autoscooter, Minigolf, Spielhallen, Imbissbuden und einem blau gefärbten See auf dem man Tretboot
fahren konnte. Nico und Tony fuhren Karussell und für die Männer gab es Hamburger an einer Bude.






Nach 1 ½ Stunden verabschiedeten wir uns von dem quirligen Ort und machten uns auf den Weg nach Rye. Das
Örtchen war im Mittelalter als Fischereihafen und Schmugglernest bekannt. Besonders sehenswert ist die
kopfsteingepflasterte Mermaid Street mit ihren schönen alten Fachwerkbauten. 


Rye




Der Weg war nicht weit und schon nach 30 Minuten kamen wir in Rye an. Bei einem Bäcker gab es Scones als
Zwischensnack und wir spazierten gemütlich durch die wunderschönen Gassen. Ich bummelte hinter unserer Gruppe
her und konnte mich gar nicht satt sehen. Klick, klick, klick, mein Fotoapparat lief auf Hochtouren.













Am Ende der Gasse bogen wir rechts ab und nach wenigen Metern standen wir vor der Pfarrkirche St. Mary, dem
höchsten Punkt der Stadt. Den Turm der Kirche konnten wir besteigen und hatten von dort aus einen traumhaften
Rundumblick.







Über die High St. / The Mint ging es wieder zurück zum „Hafen“. Dort aß Tony noch ein Crepe und wir machten uns
auf den Weg zu unserem letzten Sightseeingstopp.









Die Kathedrale von Canterbury stand auf dem Programm. Dass die um diese Uhrzeit geschlossen sein würde, hatte
ich morgens bereits im Reiseführer gelesen. Dennoch wollten wir sie uns von außen anschauen. Baubeginn der
Kathedrale war im Jahr 1067 und vom 11. bis 19. Jahrhundert wurde ständig an ihr gearbeitet. Seit 1988 gehört sie
zum UNESCO Weltkulturerbe. In Ruhe spazierten wir einmal um das imposante Gebäude rum.


Kathedrale von Canterbury









Auf einem kleinen Platz gegenüber verdrückte Tom noch seine in Hastings gekauften, mittlerweile aufgetauten
Garnelen und anschließend fuhren wir zum Hotel in Kingsgate. Das lag direkt am Meer und wir hatten eine tolle
Aussicht.



Auch die Zimmer waren klasse. Jochen und Inka konnten ihres allerdings nicht bezahlen, ihre Kreditkarte streikte.
Zum Glück konnten wir aushelfen.

Zum Abendessen trafen wir uns im Pub des Hotels. Während England gegen Brasilien im Fußball unentschieden
spielte, verspeisten wir leckere Cheeseburger, Steaks und Fish & Chips. Nur Tony quiekte mal wieder rum und wollte
seinen vegetarischen Burger nicht essen. Inka packte ihn, also den Burger, dann in zwei Servierten ein und nahm ihn
mit.
Bei Cider, Guinness und Whisky blieben wir sitzen, bis die Bar um 23:00 Uhr schloss. Dann zogen wir noch in
Neuhäusers Zimmer um. Wir quatschten über die letzten schönen Tage und waren alle ganz traurig, dass wir an
diesem Abend kein neues Hotelzimmer suchen mussten. Wir wollten alle noch nicht nach Hause!
Gegen 0:00 Uhr verzogen Tom und ich uns in unser Zimmer und krabbelten ins Bett.

Kilometer: 220

03.06.

Weil wir dieses Mal überpünktlich am Fährhafen sein wollten, trafen wir uns zum Frühstück 15 Minuten eher. Von
unserem Tisch aus hatten wir einen wunderschönen Blick auf die Küste und die Sonne schien auch. Toll, da wurde
uns der Abschied aber mal wieder schwer gemacht…



English breakfast


Bevor wir losfuhren, gingen wir aber noch kurz zur Steilküste runter. Mal einen Blick drauf werfen. Schön!!



Dann ging es aber zügig zu den Autos und los! Das Navi wurde auf, nein nicht den Fährhafen, sondern auf „Morrisons“
in Dover programmiert. Die Gelegenheit konnten wir uns nicht entgehen lassen. Wir wollten das Auto noch mal mit
britischen Leckereien vollmachen. Zumal wir in 2013 nicht mit dem Auto nach Schottland kommen werden.

Inka und Jochen ließen sich von uns anstecken und kaufte auch einige Sachen ein. Vier volle Taschen und ein paar
Pappkartons mit Getränken (Magners Berry!!) wanderten eine halbe Stunde später in unser Auto.

Dann fuhren wir aber zum Hafen und kamen dort pünktlich um 10:45 Uhr an. Es ist alles super ausgeschildert und
so hatten wir überhaupt kein Problem die richtige Reihe zu finden. Dort standen wir aber keine 10 Minuten und
konnten dann auch schon auf die Fähre fahren.
Vom Deck aus beobachteten wir das Auslaufen und hatten einen tollen Blick auf die Kreidefelsen. Bei der Ankunft war,
wegen der dicken Wolken, von denen leider nichts zu sehen gewesen.







Im Bordrestaurant kauften wir Fish & Chips, nur Inka packte ihren kalten vegetarischen Burger vom Vorabend aus.
Mmmh, lecker…!
Ein kleiner Verdauungsspaziergang an Deck, noch ein paar letzte Bilder und schon legten wir wieder in Calais an.

Da wir auf der Hinfahrt um Brüssel herum so viel Stau hatten, überlegten wir uns eine Alternativroute und entschieden
uns über Antwerpen und Eindhoven zu fahren. Das erste Stück klappte auch prima, in Antwerpen standen wir dann
allerdings auch wieder im Stau.

Auf der siebenspurigen Autobahn hielt Tom plötzlich die letzte Tafel Traubennuss-Schoki aus dem Fenster, was
Jochen nur mit einem Aufblicken kommentierte. Nach ein paar Minuten löste sich der Stau zum Glück auf und weiter
ging es Richtung Eindhoven.
Holper, Holper, die Straßen in Belgien sind echt besch…! Glücklich fuhren wir um 17:23 Uhr über die Grenze nach
Holland. Sofort erklang in unseren Ohren… nichts mehr! Ruhig und leise glitten wir dahin. Kurz vor Venlo legten wir
einen Stopp ein und vertraten uns die Beine.

Wieder in Deutschland angekommen, hörten wir zum ersten Mal selbst wie schlimm das Hochwasser überall war.
Oh man… furchtbar! Auch der Rhein, über den wir wenig später fuhren, war über die Ufer getreten.

Um kurz vor 20:00 Uhr kamen wir dann ziemlich k.o. in Sprockhövel an. Bei meinen Eltern meldeten wir uns zurück
und quatschten noch eine Weile. Gegen 23:00 Uhr fielen uns dann aber echt die Augen zu und wir verzogen uns
unter die Bettdecke.

Kilometer: 491


Es waren schöne sonnige Tage mit unseren Freunden in Südengland. Leider konnten wir in keinem typisch britischen
B&B übernachten. Mit 6 Leuten ist es schwierig spontan ein B&B zu finden und wegen mangelnder Vorbereitungszeit..!
Tom und ich werden auf jeden Fall noch einmal dorthin fahren, vielleicht können wir die Reise dann mit Cornwall
verbinden? Wer weiß?
 

 

 

 

 

 

 

 

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